Kratzekind

Der Blog rund ums Familienleben mit Neurodermitis, Asthma & Allergien

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HAUTsache cool bleiben! - kurzes Intermezzo übers Eincremen, Fußball & kleine Etappensiege

June 18, 2017 by Sanne

Kennt ihr so Tage, an denen man weder geht noch rennt, sondern vielmehr leicht beschwingt hüpft wie ein Kind? Heute ist so ein Tag! Ich bin total gut drauf, ich sprühe geradezu vor Energie und kriege das Lächeln gar nicht mehr aus dem Gesicht. Warum? Weil heute die morgendliche Hautpflege meines geliebten Kratzekindes mega gut geklappt hat. Kein Maulen, Weinen, Aufbrausen, Weglaufen, Anschreien, Beschimpfen, Hauen – nix dergleichen. Ein glatter Satz mit X - Bäm!

Wie das funktioniert hat?

Klar, das ist manchmal einfach nur Glücksache. Ab und an ist die Haut auch in einem verhältnismäßig so 'guten Zustand', dass es den Kratzekids nicht zu viel ausmacht, behandelt zu werden. In anderen Situationen – eher sehr selten! – haben sie auch ihren 'ich bin so vernünftig'-Tag, an dem ich sogar vom eigenen Kratzekind getadelt werde, wenn ich einen Quadratzentimeter vergessen habe zu beschmieren (ich korrigiere: eher sehr, sehr selten!). Und wieder an anderen Tagen wirkt vielleicht mal wieder das viel gelobte Belohnungssystem (das sich aber bei chronisch kranken Kindern auf Dauer doch irgendwie ad absurdum führt und zudem mit Geschwisterkindern ein recht komplexes Unterfangen ist, denn wer kennt nicht diese Reaktion: "Das ist unfair, ich will auch Belohnungen!").

Heute war es nichts von alledem. Es war das absolute Core Skill, welches ich mir durch jahrelange Nachahmung anderer und hartes Training mühsam zumindest in einer absoluten Basic Version aneignen konnte: Die 'Fähigkeit zur lässigen Ablenkung'. Mein Mann ist Meister der lässigen Ablenkung. Vielleicht sind manche Väter da auch eher prädestiniert für, weil sie frühzeitig Strategien finden müssen, um die Still-Babies bei Laune zu halten, sobald die personifizierte Speisekammer außer Haus ist (Mütter spielen ja selbst in vermeintlich gleichberechtigten Beziehungen oftmals in den ersten Lebensmonaten allein durch das Stillen eine exponiertere Rolle bei den Kleinsten).

Oder es ist einfach ein Talent fürs Geschichtenerzählen gepaart mit Phantasie und Erfindungsreichtum und veredelt mit einer Gabe fürs perfekte 'Chillen', dass es anderen - im Gegensatz zu mir, einer prinzipiell latent gestressten, leicht verwuselten und chaotisch-hektischen Person! - so behände möglich macht, den Kindern die irrsten Geschichten zu erzählen, und sie damit vom aufgeschlagenen Knie, der dicken Beule an der Stirn, dem Grummeln im Bauch – oder eben vom Eincreme-Ritual - vollkommen abzulenken. Wer dafür kein Talent hat, muss diesen Mangel mit viel harter Arbeit ausgleichen – ein oft undankbarer Job, der bei mir viel zu oft in die Hose geht. Und nicht zuletzt mangels eben diesem Core Skill habe ich zumeist die heftigsten Konflikte mit dem Großen auszutragen, wenn es um die Hautpflege geht (falsch: nicht nur, wenn es um die Hautpflege geht. Auch, wenn es um das falsch geschnittene Toastbrot, das schlechte Wetter, die ausstehende Einladung zu einem begehrten Kitakinder-Geburtstag oder das nicht pünktlich zum Fußball-Training gewaschene Lieblingstrikot geht, erklärt mein Sohn auch sehr gern mich - und niemand sonst (!) - zur Persona non grata, ganz nach dem Motto: "am liebsten würde ich mir auf der Stelle eine neue Mama auf Amazon bestellen! Sofort!").

Zurück zum Creme-Wahnsinn: Manchmal überkommt mich schon vor dem Aufstehen der Graus vor der abermaligen Eskalation. Schon wenn unser Kratzekind den großen Basis-Creme-Bottich sieht (ganz zu schweigen von zusätzlichen Produkten), verfinstert sich verständlicherweise nicht selten sein Gesicht: "Och nö! Ich will mich nicht eincremen. Das könnt' ihr vergessen. Willst Du, dass ich richtig sauer werde? Ich warne Dich!" - "Ich wünsche Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, mein Hase", piepst es dann in der Regel leicht Zitronen-säuerlich aus mir heraus (ganz falsch, steht so nicht im Lehrbuch!).

Wenn der Morgen mal wieder so startet (und das ist keine Ausnahme!), weiß ich zeitweise gar nicht, vor wem ich größere Angst haben soll: vor dem Kratzemonster oder dem Kratzekind! So auch heute. Herrlich! Na dann mal ran an den Speck bzw. die wunde Haut. 50/50 schätzte ich für heute meine Chancen ein zugunsten eines 'friedlichen' Pflegeverlaufs. Auf, auf! Wie war das mit der Ablenkung nochmal? 

"Ach, was ich Dir unbedingt noch erzählen wollte! Pass auf, Du erinnerst Dich doch noch an diesen Torwart der Nationalmannschaft, Mensch, wie heißt der denn nochmal.." , sagte ich und näherte mich dabei gaaanz langsam der 'Gefahrenzone' mitsamt der Salbenkruke in der Hand. Oh je, hatte ich Fußball-Verpeilo wirklich eine Geschichte über das runde Leder begonnen? Das konnte doch nur ein Eigentor werden! Egal, jetzt musst ich da durch - das Runde muss ins Eckige, so schwer kann das doch nicht sein; das wird schon!

"Manuel Neuer, das weiß doch jeder!", ruft der Große schnell & patzig, und doch sah ich das 1. Interesse in seinen Augen aufblitzen. Jawoll, läuft bei Dir - weiter so!, denke ich, gleich hab ich ihn am Haken! 

"Ja, genau, also der Manuel Neuer, der hat ja so rot-schwarze Torwarthandschuhe an, und letztens, da hatte er vollkommen unbedacht seine Torwarthandschuhe nach der Halbzeitpause in der Kabine vergessen, weil er so fertig war und..", fuhr ich fort, während ich die erste Ladung Creme zwischen meinen Handflächen erwärmte, und langsam begann, sie auf den Beinen aufzutragen. "Ja, und dann, was ist dann passiert, Mama?", fragte mein Fünfjähriger gespannt, den Blick vollends konzentriert auf mein Gesicht gerichtet – nicht auf meine Hände, die sich schon zur Hüfte vortasten. "Ey, das war so heftig, hast Du die Story gar nicht mitbekommen? Anfangs hatte Manuel die fehlenden Handschuhe ja selbst gar nicht bemerkt, immerhin spielten die doch gegen den BVB, erinnerst Du Dich an das Spiel, das haben wir doch sogar zusammen im Radio angehört oder gegen wen war das nochmal?", fragte ich blauäugig, während ich die Arme schnell beschmierte. "Ähm. Ne, Mama, man wer war das nochmal, das letzte Spiel…Bayern gegen…wer war das nochmal…war das nicht...gegen den FC?" – ich sah ihm an, wie er sich konzentrierte und angestrengt nachdachte. Zuckersüß. "Oder war das doch Wolfsburg.." sinnierte ich, mit den Händen bereits am Hals ankommend. "Nein, Mama, doch nicht Wolfsburg...Autsch, Mama, das tut weh, Mama, die Creme nervt…hör auf!" rief er auf einmal.

Mist, manchmal brennt die Basiscreme auf leicht entzündeten Hautpartien. Das tut mir immer unendlich leid, aber dennoch weiß ich aus Erfahrung und in Absprache mit dem behandelnden Arzt, dass sie seiner Haut einen dankbaren Dienst erweist, nämlich die fehlende Barrierefunktion künstlich herstellt, um schädlichen Allergenen und Bakterien Einhalt zu gebieten  - also, weiter geht's, sonst ist hier bald schon Abpfiff! 

Es kommt die kritische Phase – Hände und Gesicht fehlten noch, die unangenehmsten Partien für unser Kratzekind. - "Ah, ich hab's wieder, ich glaub, ich weiß wieder gegen wen die Bayern ihr letztes Spiel hatten!", rief ich. Schwupps, hatte ich seine erste Hand eingesalbt und seine Aufmerksamkeit zurückergattert. "Echt? Bitte sag's Mama! Oder nein, doch nicht! Warte, gib mir einen Tipp!", jauchzte er aufgeregt und konnte kaum still stehen. "Einen Tipp? Na gut, also die Mannschaft geht mit 'Ffffff' vorne los" – "Mit Ffffff…..fffff…..ffffaaaa…." -"Nope", neckte ich, mittlerweile bei der zweiten Hand angelangt. Hände sind für ihn immer besonders unangenehm, da sie meist aufgescheuert und wund gekratzt sind, und weil der schmierige Fett-Film auf den Handflächen beim Greifen für einige Minuten ein unangenehmes Gefühl verursacht. "Ffff….fffffuuuu…gibt nix mit Ffff..." überlegte er angestrengt und abwesend. "Mit 'FffRRR" vorne", legte ich nach, und erwähnte beiläufig "mach' mal kurz die Augen zu, ich muss nur noch das Gesicht eincremen". Den Satz nahm er gar nicht bewusst war, tat aber wie ihm aufgetragen und schloss die Augen immer noch grübelnd. Schwupps, noch einmal über die Nase und dann eine dünne Schicht der zusätzlichen entzündungshemmenden Salbe auf die entzündeten Unterarme…und: geschafft! "FFfffREIBURG!" schrie der Große laut. "Genau, das wars!", rief ich meinem kleinen Jungen mit geschwellter Fußball-Experten-Brust zu. Er jubelte und freute sich so, wie sich nur ein kleiner Wirbelwind freuen kann - egal ob chronisch krank oder nicht. "Du kennst dich ja richtig gut aus! So, und jetzt ab zum Zähneputzen aber dallidalli!".

Mit einem stolzen Lächeln auf den Lippen raste er ins Bad – Manuel Neuers Handschuh-Drama war zum Glück schon längst vergessen – das Eincremen allerdings für dieses Mal auch. Ich war Schweiß gebadet. Aber froh. Mit 'lässig' hatte das von meiner Seite noch rein gar nichts zu tun. Aber mit Ablenkung. Und die ist bei Neurodermitis-Pflege von kleinen Patienten Gold wert. Für mich steht das Ergebnis dieses Spiels fest. 1:0 für mich. An der Lässigkeit muss ich eben noch arbeiten. Kein Ding.

 

 

June 18, 2017 /Sanne
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